Die Geschichte der Homöopathie
Neue, 6-teilige Reihe, ab 26. August 2010, wöchentlich donnerstags, um 19 Uhr
in BR-alpha
(Wh.: freitags 9.30 Uhr)
1810, vor genau 200 Jahren, erschien das Grundlagenwerk der Homöopathie, das „Organon
der Heilkunst“ von Samuel Hahnemann. Der Arzt Samuel Hahnemann trifft Ende des 18.
Jahrhunderts auf eine Medizin, die den Menschen häufig mehr schadet als hilft. Im Zeitalter
der „heroischen Medizin“ gehören Aderlässe, blutiges Schröpfen und Klistiere zum Standard-
Repertoire der Mediziner. Sie verabreichen ihren Patienten Brechmittel und Gifte wie
Quecksilber – auf der Grundlage von Theorien, die seit der Antike überliefert sind und nie
praktisch überprüft wurden.
Samuel Hahnemann (1755 – 1843) wendet sich von dieser Medizin mit Schrecken ab. Doch
bald entdeckt er die Wirkung von extrem verdünnten Arzneien. Er experimentiert eifrig –
zunächst an sich selbst, dann auch mit seinen Schülern. Immer mehr Patienten wenden sich
an den „Martin Luther der Medizin“, wie Hahnemann sich selbst einmal bezeichnet. Er erzielt
Erfolge mit Medikamenten, die sehr wenig, ja teilweise gar nichts mehr der
Ausgangssubstanz enthalten. Seine neue, sanfte Lehre der Homöopathie begründet er vor
genau 200 Jahren in seinem Grundlagen-Werk. Es erscheint erstmals 1810 unter dem Titel
„Organon der rationellen Heilkunde“. Bald ist es als „Organon der Heilkunst“, wie das Buch
ab der zweiten Auflage heißt, die Bibel der Homöopathen.
BR-alpha zeichnet in einer neuen, 6-teiligen Dokumentationsreihe das bewegte Leben
Samuel Hahnemanns nach und erzählt die Geschichte der Homöopathie. „Die Geschichte
der Homöopathie“ ist ein spannendes Stück Medizingeschichte über eine Heillehre, die
wegen ihrer unbestrittenen Heilungserfolge inzwischen selbst von zahlreichen
Schulmedizinern anerkannt wird, auch wenn ihre wissenschaftlichen Grundlagen von vielen
nach wie vor angezweifelt werden.
„Die Geschichte der Homöopathie“ ist eine Produktion der INTER/AKTION im Auftrag von
BR-alpha.
Die einzelnen Folgen
Donnerstag, 26. August, 19 Uhr
Die Suche nach einer anderen Medizin (1/6)
Samuel Hahnemann kommt am 10. April 1755 in Meißen zur Welt und wächst in ärmlichen
Verhältnissen auf. Dank seiner Begabung für Sprachen kann er jedoch das Gymnasium
besuchen und schließlich Medizin studieren. Er lernt die Methoden, die in der ärztlichen
Pressemitteilung
Praxis seiner Zeit gang und gäbe waren: Aderlass, Schröpfen, Verabreichen von Einläufen,
die Gabe von Brechmitteln. Diese Praktiken kommen aus der Humoralpathologie, der
antiken Krankheitslehre, die auf Hippokrates und Galen zurückgeht.
Hahnemann erkennt, dass diese Behandlungen den Patienten häufig mehr schaden als
nutzen und gibt die eigene ärztliche Praxis auf. Er verlegt sich auf die Übersetzung
medizinischer Schriften und arbeitet als Bibliothekar und Leibarzt von Adeligen, um seine
immer größer werdende Familie zu ernähren. Insgesamt elf Kinder bringt seine Frau
Johanna Küchler, eine Apothekerstochter, zur Welt. Innerhalb von 20 Jahren ziehen sie 20
Mal um – immer auf der Suche nach einer besseren Anstellung oder einer günstigeren
Wohnung.
Donnerstag, 2. September, 19 Uhr
Ähnliches mit Ähnlichem, das Simile-Prinzip (2/6)
Bei der Übersetzung eines Arzneimittel-Lehrbuches fällt Samuel Hahnemann eine
Unstimmigkeit auf. Er unternimmt einen Selbstversuch mit Chinarinde und stellt bei sich
genau die Symptome fest, gegen welche Chinarinde eingesetzt wird. Heute wissen wir, dass
Hahnemann an einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff litt, dennoch ist dieser
Versuch für ihn der Ausgangspunkt, seine „Ähnlichkeitsregel“ zu entwickeln.
Hahnemann postuliert, Ähnliches könne mit Ähnlichem geheilt werden – er sucht nun also
Mittel, die Wirkungen haben, die echten Krankheiten möglichst ähnlich sind. Diese Mittel
verdünnt er dann auf spezielle Weise so stark, dass kaum noch etwas von der
Ausgangssubstanz in ihnen vorhanden ist. Er nimmt seine ärztliche Praxis wieder auf und
beginnt erneut, Patienten zu behandeln. Seine Ergebnisse beschreibt er im „Organon der
Heilkunst“, das 1810 in der ersten Auflage erscheint.
Donnerstag, 9. September 19 Uhr
Das Prinzip der Potenzierung (3/6)
Nachdem Samuel Hahnemann im Jahre 1810 zum ersten Mal die Grundlagen seiner neuen
Heilmethode veröffentlicht hat, stellt er seine Lehre an der Universität Leipzig vor. Neun
Jahre lang unterrichtet er dort die Homöopathie. Zudem forscht er weiter an der
‚Potenzierung’ genannten Verdünnung, die ein homöopathisches Medikament ausmacht. Er
gerät in heftige Auseinandersetzungen mit Schulmedizinern und Apothekern seiner Zeit.
Diese halten Hahnemanns Lehre für Humbug und glauben nicht, dass solche stark
verdünnten Ausgangsstoffe irgendeine Wirkung haben können.
Doch ist es nicht nur die Verdünnung, die ein homöopathisches Mittel wirksam machen soll:
Hahnemann fordert, dass seine Medikamente nach dem aufwändigen Verfahren der
Potenzierung hergestellt werden müssen. Das heißt, die Ausgangsstoffe werden nicht
einfach nur verdünnt, sondern in einer genau festgelegten Abfolge von Verreiben im Mörser,
Auflösen in Alkohol und Schütteln der Verdünnung produziert. Damit soll dem Wirkstoff
Energie zugefügt werden. Diese Energie soll die Lebenskraft des geschwächten Patienten
anregen und ihm so zur Selbstheilung verhelfen.
Heutzutage werden homöopathische Medikamente, nach den Vorschriften Hahnemanns,
von Pharma-Unternehmen hergestellt.
Donnerstag, 16. September 19 Uhr
Kritik an Hahnemanns Lehre (4/6)
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts beginnt die Homöopathie sich zu etablieren.
Dennoch hat sie damals – wie auch heute – viele Gegner. Der wichtigste Kritikpunkt:
Homöopathie wirke nicht besser als ein Placebo. Schon 1835 wird die Homöopathie zum
ersten Mal wissenschaftlich auf die Probe gestellt. Beim ersten Doppelblindversuch der
Medizingeschichte wollen die Ärzte Nürnbergs die Wirkungslosigkeit der Homöopathie unter
Beweis stellen.
Heute wird die Homöopathie, wie alle anderen Heilverfahren auch, mit wissenschaftlich
abgesicherten medizinischen Studien untersucht. Dabei soll herausgefunden werden, ob
homöopathische Arzneimittel wirksam sind oder nicht. Die Studienlage ist uneindeutig, und
die Forscher kommen immer wieder zu unterschiedlichen Ergebnissen. Auch nach welchem
Mechanismus die Homöopathie wirken könnte, hat man bisher nicht klären können.
Samuel Hahnemann streitet im 19. Jahrhundert erbittert gegen seine Kritiker. Als ihm das
Recht Arzneimittel auszugeben in Leipzig verwehrt wird, zieht er in die Stadt Köthen im
heutigen Sachsen-Anhalt.
Donnerstag, 23. September, 19 Uhr
Ausbreitung und Weiterentwicklung (5/6)
Die Homöopathie findet trotz aller Anfeindungen schnell viele Anhänger. Sie breitet sie sich
schon zu Hahnemanns Lebzeiten über die ganze Welt aus. Heute spielt sie besonders in
Indien eine wichtige Rolle. Dort ist sie neben der klassischen indischen Ayurveda-Medizin
der Schulmedizin gleichgestellt. Auch in anderen Ländern wird die Homöopathie als
ernstzunehmende Alternative zur Schulmedizin gesehen.
In Deutschland hat sich die Homöopathie vor allem über Laienvereine etabliert. Diese
spielten im 19. und frühen 20. Jahrhundert eine große Rolle. Die Mitglieder teilten sich eine
Hausapotheke, so dass jeder Zugriff auf die Medikamente hatte. Fortbildungsabende
brachten den Mitgliedern die theoretischen Grundlagen nahe.
Die Homöopathie ist heute auch im deutschen Gesundheitssystem verankert. Private
Krankenkassen übernehmen normalerweise die Kosten, und auch immer mehr gesetzliche
Krankenkassen kommen über die so genannte Integrierte Versorgung für die
homöopathische Behandlung auf.
Die Homöopathie hat sich jedoch nicht nur räumlich verbreitet. Ihr Gedankengut wurde auch
von anderen Therapieformen aufgegriffen und weiter entwickelt. Beispiele hierfür sind
Schüssler-Salze, Bach-Blüten oder die anthroposophische Medizin.
Donnerstag, 30. September, 19 Uhr
Ausbildung und Anwendung heute (6/6)
Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, lernt in seinem achtzigsten
Lebensjahr die 34-jährige Pariser Künstlerin Melanié d'Hervilly kennen. Die Malerin hat in
Frankreich von Hahnemanns Lehre gehört und reist nach Köthen, um sich vom Meister
selbst behandeln zu lassen. Die beiden verlieben sich augenblicklich und heiraten nach nur
drei Monaten.
Hahnemann zieht mit seiner neuen Frau in die französische Hauptstadt und eröffnet dort
eine Praxis. Adelige aus ganz Europa kommen zu ihm, und so blüht der Altmeister im hohen
Alter noch einmal auf. Er bemüht sich um die Ausbildung junger Homöopathen und
entwickelt auch in Paris seine Lehre weiter. Hahnemann arbeitet mit immer höheren
Verdünnungen und entwickelt am Ende seines Lebens die so genannten Q-Potenzen,
Verdünnungen in Schritten von 1:50.000. Heute verwenden Homöopathen diese Q-Potenzen
vor allem bei der Behandlung chronischer Krankheiten.
Die Ausbildungswege zum Homöopathen sind vielfältig und nicht einheitlich geregelt. Wer
Homöopath werden will, muss entweder ein schulmedizinisches Studium absolvieren und
sich anschließend in Kursen weiterbilden, oder er muss eine Ausbildung zum Heilpraktiker
machen, der sich eine weitere Ausbildung zum Homöopathen anschließt.
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